70 Jahre LVR Lebendig. Vielseitig. Richtungsweisend.
70 Jahre LVR Lebendig. Vielseitig. Richtungsweisend.
Der Landschaftsverband Rheinland (LVR) und der Schwesternverband Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) feiern in diesem Jahr 70-jähriges Bestehen.
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Rückblick
Zum Zeitpunkt seiner Gründung beschäftigte der LVR rund 5.000 Mitarbeiter*innen und hatte einen Etat in Höhe von 296 Millionen DM.
Kurzhistorie
Zudem plante, baute und unterhielt er die Straßen im Rheinland. Zum 01. Januar 2001 ordnete das Land Nordrhein-Westfalen diese Aufgabe dem neu gebildeten Landesbetrieb Straßenbau zu.
Einzug ins Landeshaus
Der Antrag, den Verwaltungssitz nach Köln zu verlegen, war leidenschaftlich umkämpft. Von der Verlegung waren 800 Beschäftigte betroffen.
600 von ihnen entschieden sich für einen Wohnsitz in Köln, 200 der Beschäftigten aus Düsseldorf blieben ihrer Heimatstadt treu und pendelten nach Köln.
Der LVR am Standort Deutz heute
Neben dem Landeshaus gehören u.a. auch das Horion-Haus mit dem bekannten „LVR-Turm“ , das Rheinland-Haus und das bereits abgerissene und neu geplante LVR-Haus gegenüber dem Deutzer Bahnhof zum Standort in Köln-Deutz.
Von Beginn an für die Menschen da
Er war als überörtlicher Träger der Sozialhilfe und der Kriegsopfer- und Schwerbehindertenfürsorge für zahlreiche Hilfen für Menschen mit Behinderung zuständig.
Bei sozial- und gesundheitspolitischen Reformen war der LVR oft Vorreiter – etwa bei der Psychiatriereform, dem Enthospitalisierungsprogramm, der Einrichtung von Wohngruppen für behinderte Menschen oder der Pflegeversicherung.
Bis heute ist der LVR in vielen Bereichen starker Anwalt für Menschen mit Behinderung.
Der LVR heute
Seine Kompetenzfelder sind:
Bildung und Erziehung
Seelische Gesundheit
Kultur
Leben und Arbeit
Mit seinen 41 Schulen, zehn Kliniken, 20 Museen und Kultureinrichtungen, vier Jugendhilfeeinrichtungen, dem Landesjugendamt sowie dem Verbund Heilpädagogischer Hilfen erfüllt er Aufgaben, die rheinlandweit wahrgenommen werden.
Der LVR ist Deutschlands größter Leistungsträger für Menschen mit Behinderungen und engagiert sich für Inklusion in allen Lebensbereichen. „Qualität für Menschen“ ist sein Leitgedanke.
Inklusion erleben
Am 17. Juni findet das inklusive Fest ab 11 Uhr bis 20.15 Uhr erstmalig rund um das Landeshaus am Deutzer Rheinufer statt. Jetzt schon Termin vormerken!
Die LVR-Direktion
Die LVR-Direktion
Die Direktorin führt die Geschäfte der laufenden Verwaltung, bereitet die Beschlüsse der Gremien vor und führt sie aus. Sie ist die gesetzliche Vertreterin des Verbandes.
mehr erfahren über die LVR-Direktion
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Fragen an Ulrike Lubek
Fragen an Ulrike Lubek
Mit dem Blick auf unseren Verband glaube ich die bedeutendste Veränderung in einer gewandelten Haltung darin zu erkennen, wie wir Menschen mit Behinderung, Kranken und Schutzbedürftigen begegnen.
Wir nehmen sie in ihrer Individualität mit ihren persönlichen Bedürfnissen wahr. Wir arbeiten dafür, ihre Fähigkeiten und Kompetenzen zu stärken.
Darüber hinaus ist es für uns wichtig, unser eigenes Tun zu reflektieren. Wir sind keine „abgekapselte Behörde“, wir zeigen und rechtfertigen unser Handeln und agieren transparent nach außen.
Es entspricht unserem Selbstverständnis, dass wir einen Beitrag zu einer offenen, inklusiven und diversen Gesellschaft leisten.
Sie sind den Landschaftsverbänden beruflich schon lange verbunden, denn Sie haben vorher auch schon beim LWL gearbeitet. Was war dabei für Sie das prägendste Ereignis?
In der Auseinandersetzung um die Auflösung der Landschaftsverbände Ende der Neunzigerjahre habe ich verstanden, warum es so wichtig ist, dass es die Landschaftsverbände gibt.
Ohne uns würden wichtige Aufgaben der Daseinsfürsorge gar nicht oder sehr unterschiedlich wahrgenommen. Dass die Kassenlage vor Ort über die Qualität der für die Menschen existenziellen Leistungen entscheidet, das darf nicht sein!
Die Landschaftsverbände tragen zur sozialen Gerechtigkeit bei, sichern den inneren Frieden und stärken den gesellschaftlichen Zusammenhalt, indem sie bedeutende kommunale Aufgaben gebündelt nach gleichem Maßstab wahrnehmen.
Klimawandel, Fachkräftemangel, Sparmaßnahmen, Digitalisierung: Findet der LVR die richtigen Antworten auf die Probleme unserer Zeit?
Die Herausforderungen unserer Zeit sind vielschichtig und komplex. Alte Pfade sind ausgetreten. Wir werden neue Wege entwickeln und diese mit neuen Instrumenten und Methoden beschreiten. Ein gemeinsames Zusammenwirken der kommunalen Familie mit Land und Bund ist dabei unerlässlich.
Die Corona-Pandemie hat auch in unserem Verband viele Arbeitsweisen grundlegend in Frage gestellt und anhaltend verändert. Rückblickend konnten wir unsere hohe Produktivität jedoch durchweg aufrechterhalten. Mit dieser Erkenntnis, dass wir in der Lage sind, große Krisen zu bewältigen, der Motivation durch unsere sinnhafte Tätigkeit und dem Vertrauen in unsere Kreativität sowie Flexibilität werden wir unsere Aufgaben auch in Zukunft erfolgreich für die Menschen im Rheinland erfüllen.
Was verbinden Sie mit dem Begriff der Vielfalt und was verstehen Sie darunter im LVR Kontext?
Ich verstehe „Vielfalt“ zunächst als menschenrechtlichen Grundsatz. Es ist normal, verschieden zu sein. Und jedem einzelnen Menschen kommen qua Geburt universelle und unteilbare Rechte zu. Schutz und Teilhabe tatsächlich für alle Menschen zu garantieren, ist Pflicht aller öffentlichen Träger. Und auch wir können als Kommunalverband und als Arbeitgeber nur erfolgreich sein, wenn wir menschliche Vielfalt erkennen und nutzen. Das betrifft die Vielfalt in unserer Belegschaft und die vielfältigen Bedürfnisse unserer Kund*innen sowie unserer Geschäftspartner*innen.
Wer Sie kennt, weiß, dass Ihr Arbeitstag ein langer ist. Wie bleiben Sie geistig und körperlich fit?
Eine Arbeit, die so vielschichtig und abwechslungsreich ist, trainiert – ob man es will oder nicht – die geistige Fitness. Zu Hause liegen die Hanteln stets griffbereit und das Ruderergometer steht mahnend im Weg. Die sonntägliche Joggingrunde ist in jedem Fall gesetzt und sobald das Wetter es zulässt oder erfordert bringt mein Garten den Körper in Schwung sowie den Geist zur Ruhe.
Die Landschaftsversammlung Rheinland
Die Landschaftsversammlung Rheinland
Der Landschaftsausschuss, das zentrale Beschlussorgan der Landschaftsversammlung, trifft nach Vorberatung in Fachausschüssen Entscheidungen, die nicht der Landschaftsversammlung vorbehalten sind.
Vorsitzende der Landschaftsversammlung Rheinland ist seit dem 02. Mai 2018 Anne Henk-Hollstein (CDU).
mehr über die Landschaftsversammlung erfahren
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Fragen an Anne Henk-Hollstein
Fragen an Anne Henk-Hollstein
Ob es damals einfacher war, kann ich natürlich nicht beurteilen, aber Vielfalt würde ich nicht per se als „anstrengend“ bezeichnen. Die Formen der politischen Partizipation haben sich verändert, neue Parteien sind entstanden und manchmal auch schon wieder verschwunden, das ist ganz normal.
Aber eines hat sich seit 1953 auf jeden Fall verändert. In der ersten Landschaftsversammlung gab es lediglich fünf Frauen. Das ist zum Glück heute nicht mehr so. Die politische Partizipation von Frauen ist in den Jahrzehnten erfreulicherweise stark angestiegen.
Im sogenannten Rheinischen Rat gibt es aktuell 39 Frauen. Das sind leider noch immer keine 50 Prozent, aber wir sind auf dem richtigen Weg.
Welche Motivation steckt hinter Ihrem politischen Engagement?
Mit dem Eintritt in die CDU 1981 begann mein politisches Engagement. Seit 1989 habe ich ununterbrochen ein kommunales Mandat. Dabei gab es unterschiedliche Ebenen und Verantwortungen. Was aber immer gleichgeblieben ist, ist das Interesse am öffentlichen Leben und der Wille, hier mitzugestalten und für die Bürgerinnen etwas Gutes zu erreichen.
Seit 1998 feiert der LVR den Tag der Begegnung, das größte Begegnungsfest für Menschen mit und ohne Behinderung. In diesem Jahr am 17. Juni rund um das Landeshaus. Auf was freuen Sie sich am meisten?
Der „Tag der Begegnung“ ist ein ganz besonderer Tag, bei dem INKLUSION großgeschrieben wird – bei dem sich Menschen mit und ohne Behinderungen begegnen, austauschen und miteinander feiern. Und das bei einem vielseitigen, grandiosen Programm. Dazu noch im Anblick des Kölner Doms! Das ist doch kaum zu überbieten.
Persönlich freue ich mich auf den Jugendchor St. Stephan unter der Leitung von Michael Kokott – den ich im letzten Jahr mit dem Rheinlandtaler auszeichnen konnte.
Ein besonderes Highlight: Gemeinsam mit dem Chor unserer LVR-Schule Belvedere aus Köln möchten sie als sicht- und hörbares Zeichen der Inklusion „Mir künnte Fründe weede“ singen.
Darüber hinaus mag ich als Kölnerin die „Bläck Fööss“ sehr.
Was ist die größte Herausforderung für den LVR in den nächsten Jahren?
Der Landschaftsverband hat umfassende und anspruchsvolle Aufgaben, die in einer komplexen Gesellschaft nicht weniger und geringer werden. Die Realisierung kann nur mit motivierten und gut ausgebildeten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gelingen. Auch wir stellen fest, dass es immer herausfordernder wird, guten Nachwuchs für unsere Stellen zu bekommen.
Darüber hinaus müssen wir permanent mit unseren Mitgliedskörperschaften abstimmen, wie die Aufgaben, die wir für sie übernehmen, auch bezahlt werden. Aber das war wahrscheinlich nie anders.
Was wünschen Sie dem LVR für die nächsten zehn Jahre?
Eine Prognose auf 10 Jahre ist gewagt, die können die meisten von uns ja im Jahr 2033 noch überprüfen, einfacher wäre die Frage nach 50 Jahren.
Aber im Ernst:
Ich wünsche dem LVR:
- dass er weiterhin eine verbindende Organisation bleibt, die ihre Aufgaben gut erfüllt und damit dazu beiträgt, für die Menschen im Rheinland Lebensqualität zu schaffen.
Ich wünsche mir:
- dass ich auch in den nächsten 10 Jahren immer wieder höre, dass dies gelingt und die Leistungen des LVR passgenau bei den Menschen ankommen.
- dass wir für die kommunale Familie auch weiterhin ein kompetenter und zuverlässiger Partner sind und ein moderner Dienstleister bleiben.
- dass der LVR auch weiterhin so wie das Rheinland selbst bleibt – Lebendig, Vielseitig, Richtungsweisend.
Die Organisation
Die Organisation
In den vergangenen 70 Jahren hat sich der Landschaftsverband Rheinland zu einem modernen Dienstleister für soziale, gesundheitliche und kulturelle Aufgaben entwickelt.
Was hat sich seitdem verändert und was sind heutige wie auch zukünftige Herausforderungen: Die Dezernent*innen dazu im Interview.
weiter scrollen zu den Interviews ↓
Der LVR morgen
Wir lernen aus unserer Vergangenheit, um heute Vorreiter zu sein und auch morgen Qualität für Menschen zu schaffen.
So schaffen wir Vielfalt!
Fragen an Reiner Limbach
Fragen an Reiner Limbach
Macht in 10 Jahren ein Computer unsere Arbeit?
KI wird unsere zunehmend digitalisierte Arbeitswelt weiter beeinflussen und hat das Potenzial, unsere Arbeitsplätze und Arbeitsweisen positiv zu verändern. Perspektivisch könnte eine KI Aufgabenprofile verändern, manche Tätigkeiten ersetzen und gleichzeitig neue schaffen. Steuern und entscheiden muss und wird weiter der Mensch, sodass die KI erheblich unterstützen, aber keinesfalls unsere Arbeit gänzlich übernehmen wird. Mal schauen, wie ich die Frage in 10 Jahren beantworten werde – oder tut das dann schon mein Avatar?
Home Office, mobiles Arbeiten, neue Arbeitszeitmodelle: Wie findet es ein Personaldezernent, dass die Mitarbeitenden nicht mehr überwiegend an ihrem Arbeitsplatz im Büro sitzen?
Gut und richtig – allerdings führt der Blick auf die verschiedenen Arbeitsfelder zu einem differenzierten Bild. Die Flexibilisierung der Arbeitswelt betreibt der LVR bereits seit vielen Jahren. Die Anfänge der Heim- und Telearbeit liegen rund 20 Jahre zurück; flexible Arbeitszeit- und Teilzeitmodelle sind längst Selbstverständlichkeiten. Mit einem gewissen Rückenwind durch die Erfahrungen während der Corona-Pandemie hat der LVR die Weiterentwickelung zum Mobilen Arbeiten betrieben und wird mit Desksharing-Modellen konsequent den nächsten Schritt gehen.
Vor allem die sogenannte Generation Z fokussiert sich überwiegend nicht mehr nur auf die Arbeit. Ist der LVR darauf eingestellt?
Als Digital Natives bringen sie, wie auch die Generationen davor, neue Ansichten und Bedürfnisse mit, auf die der LVR angewiesen ist. Dazu gehört auch, dass sich der Stellenwert des Faktors Arbeit verändert. Wir sind als öffentlicher Arbeitgeber durch den Aufbau einer erfolgreichen Arbeitgebermarke gestärkt und bieten vielfältige, soziale und sinnstiftende Aufgaben. Vor allem in dieser Generation werden unsere flexiblen Arbeitsbedingungen, die gesellschaftlich relevanten Aufgabenfelder sowie die Entwicklungs- und Fortbildungsmöglichkeiten geschätzt.
Wie überzeugen Sie junge Menschen, die einen Schulabschluss gemacht haben, zum LVR zu kommen?
Wir motivieren potentielle Bewerbende als moderner Arbeitgeber des kommunalen öffentlichen Dienstes mit über 200 Einrichtungen, Dienststellen, und Eigenbetrieben und spannenden Aufgaben. Bei uns kann eine inklusive Gesellschaft unter attraktiven und modernen Arbeitsbedingungen aktiv gestaltet werden! Es wird auf einen sicheren Arbeitsplatz, flexible Arbeitsmodelle sowie diverse Karriere- und Entwicklungsangebote Wert gelegt.
Was bietet der LVR, was andere Arbeitgeber nicht vorweisen?
Die Breite der Aufgabenpalette und damit der beruflichen Optionen. Wir sind als öffentlicher Arbeitgeber im Rheinland im Herzen Europas verwurzelt und bieten einen sicheren Arbeitsplatz, flexible Arbeitsmodelle, ein betriebliches Gesundheitsmanagement und Fortbildungsangebote mit vielseitigen Einsatzmöglichkeiten – Medizin, Therapie, Pflege, Pädagogik, Verwaltung, in den Bereichen Medien und Kommunikation, IT und Digitales, Ingenieurwesen, Architektur und Technik, Hauswirtschaft und Handwerk oder der Kultur und Wissenschaft. Willkommen im LVR!
mehr erfahren über das Dezernat 1 - Personal und Organisation
Fragen an Renate Hötte
Fragen an Renate Hötte
Als Kämmerin bin ich die Leiterin der Finanzverwaltung und damit für die finanziellen Angelegenheiten des LVR verantwortlich. Dazu stelle ich einen Haushaltsplan auf, in dem die Aufwendungen und Erträge des LVR abgebildet werden. Der Etat 2023 umfasst Aufwendungen und Erträge in Höhe von ca. 4,7 Mrd. Euro. Der Großteil der Aufwendungen des LVR wird für die Leistungen der Eingliederungshilfe und damit für Menschen mit Behinderungen ausgegeben. Die Eingliederungshilfe umfasst im Jahr 2023 Aufwendungen in einer Größenordnung von 3,2 Mrd. Euro.
Wann macht Ihnen Sparen Spaß?
Der LVR befindet sich seit 2010 bereits auf Sparkurs, dazu legen wir entsprechende Konsolidierungsprogramme auf. Ziel dieses Vorgehens: Solidarität mit unseren Mitgliedskörperschaften zeigen bei gleichbleibend hoher Leistung und Qualität für die Menschen im Rheinland. Das kann natürlich nur erreicht werden, wenn gleichzeitig Prozesse optimiert werden. Hier setze ich, um erfolgreich zu sein, auch auf eine weitere Digitalisierung und perspektivisch auf den Einsatz von Künstlicher Intelligenz.
Einfach gesagt machen die Sparmaßnahmen also dann Spaß, wenn unsere Kundinnen und Kunden gar nicht bemerken, dass wir sparen.
Städte und Kreise im Rheinland meinen häufig, dass beim LVR finanziell paradiesische Zustände herrschen? Was entgegnen Sie?
Der LVR finanziert sich größtenteils über eine Umlage, die seine Mitgliedskörperschaften – das sind die rheinischen Städte, Kreise und die Städteregion Aachen – erbringen. Dass der Wunsch bei den umlagezahlenden Mitgliedskörperschaften besteht, weniger Umlage an den LVR zahlen zu müssen, ist bei der angespannten finanziellen Situation der kommunalen Haushalte und den dynamisch ansteigenden Aufwendungen für die Leistungen der Eingliederungshilfe durchaus verständlich.
Wenn wir Möglichkeiten sehen, unsere Mitgliedskörperschaften zu entlasten, dann setzen wir das um. Erst kürzlich ist ein Nachtragshaushalt für 2023 verabschiedet worden, der die umlagezahlenden Städte, Kreise und die Städteregion Aachen insgesamt um über 300 Mio. Euro entlastet. Wenn gleichzeitig die Leistungen, die in die Kommunen durch den Landschaftsverband zurückfließen, in den Blick genommen werden, kann man sagen: Der LVR zahlt sich für das Rheinland und seine Mitgliedskörperschaften aus!
Corona, Ukraine-Krieg, explodierende Energiekosten und die Inflation machen auch vor dem LVR nicht Halt. Wie begegnet der LVR den finanziellen Herausforderungen?
In der Tat haben wir es derzeit mit einer multiplen Krisenlage zu tun. Das macht es nicht einfach, mit den finanziellen Herausforderungen umzugehen. Der LVR reagiert wie seine Mitgliedskörperschaften: durch weitere Konsolidierung, durch die Anwendung von gesetzlich vorgesehenen Bilanzierungshilfen und durch die Inanspruchnahme von Erstattungsleistungen bzw. finanziellen Hilfen durch den Bund und das Land NRW.
Außerdem stellen wir unsere Haushalte nachhaltig auf. Das bedeutet für uns auch Generationengerechtigkeit, d.h. wir betrachten nicht nur die kurzfristigen Auswirkungen unserer Planungen, sondern wir haben auch mittel- bis langfristige Zeiträume im Blick; das sind wir der nachfolgenden Generation schuldig.
mehr erfahren über Dezernat 2 - Finanzmanagement, Kommunalwirtschaft und Europaangelegenheiten
Fragen an Detlef Althoff
Fragen an Detlef Althoff
Der LVR will seine Büroflächen künftig wirtschaftlicher nutzen und dazu gehört auch die Kündigung von angemieteten Bürogebäuden in Köln. Nach Fertigstellung des neuen modernen Bürogebäudes am Ottoplatz werden die über 3.100 Mitarbeitenden des LVR in der Zentralverwaltung ausschließlich in Gebäuden arbeiten, die dem LVR gehören. Darüber hinaus können wir mit diesem Neubau auf zukünftige Herausforderungen bzw. Entwicklungen flexibel reagieren.
Wie werden Büros zukunftsfähig?
Die klassische Büronutzung, wie wir sie bisher kennen, wird es so nicht mehr geben. Viele Mitarbeitende wollen sowohl mobil als auch in Präsenz arbeiten, daher müssen die vorhandenen Flächen anders genutzt werden. Die Kolleg*innen werden sich zukünftig häufig Schreibtische teilen. Dafür muss aber auch eine Verbesserung der Aufenthaltsqualität angeboten werden, beispielsweise durch Pausenzonen, in denen die Mitarbeitenden sich austauschen können. Außerdem müssen die Mitarbeitenden die Möglichkeit haben, ihre persönlichen Gegenstände einzuschließen.
Was tun Sie, um nachhaltig und ressourcensparend zu bauen?
Bereits seit vielen Jahren verpflichten wir uns aufgrund selbst auferlegter Standards zum ökologischen und wirtschaftlichen Handeln. Dazu gehören Dachbegrünungen oder die Umsetzung des Passivhausstandards. Darüber hinaus nutzen wir Photovoltaikanlagen und Erdwärme. Zukünftig werden auch Materialien hinsichtlich ihrer Wiederverwendbarkeit nach ihrer Nutzungsdauer untersucht und nach den Kriterien der Kreislaufwirtschaft eingesetzt. Im Idealfall können alle Bestandteile eines Produktes wiederverwendet werden.
Macht Bauen angesichts der explodierenden Preise und der vielen Unwägbarkeiten noch Spaß?
Die derzeit schwierige wirtschaftliche Entwicklung wird von uns eher als Herausforderung betrachtet. Dies war im Übrigen auch in der Vergangenheit so. Gerade im Baubereich gab es immer wieder Situationen, wo Flexibilität gefragt war. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir auch die neuen Herausforderungen meistern werden, da habe ich vollstes Vertrauen in die Fähigkeiten meiner Kolleg*innen.
Welche Bauprojekte sind Ihre liebsten?
Ich finde es schwierig, das eine „Lieblingsprojekt“ zu benennen. Im Vordergrund stehen immer die Bedarfe der Menschen, für die wir bauen. Die Vielfalt der Menschen spiegelt sich auch in den Anforderungen an Gebäude wider, denen wir gerecht werden wollen und müssen. Das gilt genauso für ein Bürogebäude wie für eine Kindertagesstätte, ein Krankenhaus, ein Schulgebäude oder eine Kultureinrichtung.
mehr erfahren über Dezernat 3 - Gebäude- und Liegenschaftsmanagement, Umwelt, Energie, Bauen für Menschen GmbH
Fragen an Knut Dannat
Fragen an Knut Dannat
Jede Kindheit ist anders und für mich kann ich sagen, dass ich mich bisher in jedem Lebensalter wohl gefühlt habe. Die Besonderheit heute ist sicherlich die Pandemie seit 2020, die das unbeschwerte Erleben von Kindheit und Jugend stark beeinträchtigt hat. Gleichwohl hat auch die heutige Zeit ihren Reiz, beispielsweise durch die zunehmende Anerkennung der Rechte von Kindern und Jugendlichen, sodass ich sagen kann: Ja klar!
Welche drei Herausforderungen sind für den LVR die wichtigsten im Kinder- und Jugendbereich?
Erstens: Die Anerkennung der Rechte von Kindern und Jugendlichen – hierzu gehört die gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe im Hier und Jetzt.
Zweitens, und das gehört mit dazu: Eine Beteiligungskultur. Wir müssen nicht nur für, sondern vor allem auch mit Kindern und Jugendlichen handeln. Dazu gehört zum Beispiel, für Freiräume im öffentlichen Raum einzutreten und ihre Vorstellungen für ihre Lebenslagen ernst zu nehmen.
Drittens: Notwendige Strukturen sicherstellen. Hierzu gehören Kitas und Jugendeinrichtungen ebenso wie ausreichend Fachkräfte. Angesichts der finanziellen Belastung der öffentlichen Haushalte ist das ein großes Problem, da wir Gefahr laufen, dass der Geburtstort wesentlich die Lebenschancen beeinflusst.
Wie kann es gelingen, dass Kinder in einem geschützten Raum sicher vor Gewalt und Übergriffen leben können?
Neben vielem anderen: Mit einer gesamtgesellschaftlichen Sensibilisierung und Aufmerksamkeit für das Kindeswohl. Die erschreckenden Berichte der letzten Jahre haben eines gezeigt: Im Alltag von Familien, den Lebensräumen junger Menschen, in institutionellen Kontexten wird zu oft „weggeschaut“ – manchmal aus Unwissenheit, manchmal aber auch gezielt.Die Kinder- und Jugendhilfe hat mit dem gesetzlichen Auftrag des Kinderschutzes ein wichtiges Mandat. Das reicht aber nicht aus – gefordert sind alle gesellschaftlichen Akteur*innen. Und da gibt es noch einiges zu tun.
Was tut der LVR gegen Kinderarmut?
Das Thema beschäftigt uns seit nunmehr über 20 Jahren. Das Team der LVR-Koordinationsstelle Kinderarmut begleitet Kommunen im Rheinland dabei, Kinder und Jugendliche in Familien, die über wenige finanzielle Ressourcen verfügen, frühzeitig in den Blick zu nehmen. Das führt zwar nicht dazu, dass den Familien mehr Geld zur Verfügung steht, aber es hilft, den oft auch unsichtbaren Armutsrucksack etwas leichter zu machen und diese Kinder und Jugendliche gut zu unterstützen.
Und wir machen sozialpolitische Lobbyarbeit, heißt, wir sensibilisieren für Armut als gravierenden Stolperstein für das gelingende Aufwachsen.
mehr erfahren über Dezernat 4 - Kinder, Jugend und Familie
Fragen an Dr. Alexandra Schwarz
Fragen an Dr. Alexandra Schwarz
Die Umsetzung der schulischen Inklusion ist ein langer und stetiger Prozess. Das Ziel ist klar: Kinder und Jugendliche sollen gemeinsam lernen können und so angenommen werden, wie sie sind. Jedes Kind muss dabei auch die Chance bekommen, nach seinen Bedürfnissen und in seiner Geschwindigkeit zu lernen. Und für manche Kinder bietet diese Chance eine Förderschule. Gleichzeitig haben unsere Förderschulen und wir als Schulträger die sehr wichtige Aufgabe, die Schulen, Kinder und Eltern in der Inklusion zu beraten und zu unterstützen, damit das gemeinsame Lernen für alle gut gelingt.
Wie setzt sich der LVR für schulische Inklusion ein?
Wie gesagt, den wichtigsten Part haben da unsere Förderschulen. Wir fördern darüber hinaus die Kooperation unserer Schulen mit allgemeinen Schulen, es gibt gemeinsame Unterrichtsangebote, AGs, Freizeiten und Ausflüge. Und häufig kommen dabei auch die Schüler*innen aus dem Gemeinsamen Lernen dazu, das sind inklusive Klassen an allgemeinen Schulen. So können die Schüler*innen ihre „Peers“ treffen, also zum Beispiel andere Kinder und Jugendliche mit einer Sehbehinderung. Und neben unseren verschiedenen Beratungsangeboten gibt es noch die LVR-Inklusionspauschale, mit der wir die Städte und Gemeinden bei der barrierefreien Einrichtung ihrer Schulen auch finanziell unterstützen.
Wie viele Kinder gehen im Rheinland auf eine Förderschule des LVR? Welche Abschlüsse sind möglich?
Im Rheinland besuchen mehr als 7.300 Schüler*innen eine LVR-Förderschule. Hinzukommen um die 1.600 Kinder in der Frühförderung, weitere rund 1.200 Schüler*innen werden durch unsere Schulen im Gemeinsamen Lernen unterstützt. An unseren Schulen kann grundsätzlich jeder Schulabschluss erreicht werden. Für die einzelne Schülerin oder den Schüler richtet sich der angestrebte Abschluss nach dem besuchten Bildungsgang.
Welche großen Aufgaben kommen in den nächsten Jahren auf Ihr Dezernat zu?
Die große Aufgabe bleibt die Inklusion - von der Schulzeit bis ins Arbeitsleben. Mit dem LVR-Inklusionsamt verfolgen wir das Ziel, mehr Menschen mit einer Behinderung auf den ersten Arbeitsmarkt zu bringen und dort zu halten. Außerdem steht Anfang 2024 die umfassende Reform der Sozialen Entschädigung an, mit der Opfer von Gewalttaten noch besser unterstützt werden. Für unsere Schulen brauchen wir ausreichenden Schulraum und wir wollen sie öffnen für inklusive Kooperationen. Dabei stellen wir uns schon jetzt in allen Bereichen dem Fachkräftemangel und wollen die Schulen wie auch die Verwaltung als attraktive Arbeitsorte weiterentwickeln.
Woran denken Sie spontan, wenn Sie an Ihre eigene Schulzeit denken?
Ich fand Mathe furchtbar. Später habe ich dann Wirtschaftswissenschaft studiert, habe lange an einem Statistik-Lehrstuhl gearbeitet und auch selbst die Studierenden unterrichtet. Schule kann also, muss aber nicht viel mit dem zu tun haben, was einen später einmal interessiert. Und deshalb ist Bildung so wichtig – sie ermöglicht es uns, Chancen zu ergreifen, Umwege zu bewältigen und bewusst und kreativ unser Leben zu gestalten.
mehr erfahren über das LVR-Dezernat 5 - Schulen, Inklusionsamt, Soziale Entschädigung
Fragen an Marc Janich
Fragen an Marc Janich
Eine ganze Menge. Künstliche Intelligenz (KI) erhält Einzug in immer mehr Arbeitsfelder. Es wird unsere Arbeitswelt verändern. Haben wir vor einigen Jahren noch von der Substituierung der Arbeit durch die „Maschine“ bei überwiegend wiederkehrenden monotonen Aufgaben gesprochen, so zeigt die aktuelle Diskussion um den Einsatz von Produkten, wie beispielsweise ChatGPT, dass KI auch bei konzeptionellen Arbeiten unterstützen kann. Gerade im Hinblick auf unsere Zielgruppen haben wir im LVR eine ganz besondere Verantwortung, KI bedarfsgerecht einzusetzen.
Ist es Ziel einer Digitalisierung, den Menschen Verwaltung on demand zu bieten?
Sicherlich ist dies ein ganz zentraler Aspekt der Digitalisierung. Und seien wir einmal ehrlich: Den Menschen ist es kaum noch zu vermitteln, dass eine Behörde nur in sehr engen Grenzen erreichbar ist. Und wer kennt es nicht, dass manch ein Prozess etwas altertümlich daherkommt. Mit Hilfe digitaler Lösungen können wir unsere Erreichbarkeit und den Service-Charakter deutlich verbessern. Umfangreiche Informationen zu den Leistungen des LVR, erste (automatisierte) Beratung bis hin zur Antragsstellung können digital 24/7 angeboten werden. Mit der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes sind wir da nicht nur erste Schritte gegangen.
Was denken Sie zu: „Je digitaler umso besser“.
Vor dem Hintergrund unserer Zielgruppen muss es auch immer analoge Zugänge geben. Zwar ist die Digitalisierung kein universelles Zaubermittel. Dennoch können wir mit ihr große Verbesserungen erreichen, wenn wir beispielsweise unsere Produkte, wie den Beratungskompass, barrierefrei und 24/7 erreichbar gestalten.
Hierdurch schaffen wir einen weiteren Weg der Kommunikation zu Prozesse unseren Bürger*innen. Am Ende kann und muss das Digitale einen neuen Raum schaffen.
Eine Frage an Sie als Familienvater: Wo sehen Sie Gefahren und Möglichkeiten der Digitalität?
Ein guter Mix aus digitaler und analoger Welt sollte uns – wenn uns unsere Gesundheit am Herzen liegt – wichtig sein.
Zugleich ist es toll zu sehen, wie Kinder bereits viele Fähigkeiten im digitalen Raum spielerisch lernen und ihre Erkenntnisse in den Alltag übertragen, die ich noch „hart erlernen musste“. Als großer Musikfan ist es für mich auch ein großartiger Fortschritt über Streamingdienste mit meinen Kindern Musik teilen zu können, auch wenn die Geschmäcker vielleicht ein wenig auseinandergehen.
Das Dezernat Digitalisierung, IT-Steuerung, Mobilität und technische Innovation, für das Sie verantwortlich sind, gibt es jetzt seit drei Jahren. Was passiert hier in den nächsten zehn Jahren?
Wir haben in unserer Digitalen Agenda für den LVR das langfristige Ziel des digitalen Verbands ausgegeben. Mit Blick auf die Bürger*innen geht es uns beispielsweise darum, den Zugang zum LVR nicht nur zu verbessern, sondern durchgehend digital zu gestalten. So sollen alle wichtigen Informationen zu den vielfältigen Leistungen des LVR digital abrufbar sein und direkt mit einer digitalen Antragsstellung verknüpft werden. Ziel ist es, den gesamten Kontakt mit dem Verband digital zu ermöglichen - vom Antrag bis zum Bescheid.
mehr erfahren über das LVR-Dezernat 6 - Digitalisierung, IT-Steuerung, Mobilität und technische Innovation
Fragen an Dirk Lewandrowski
Fragen an Dirk Lewandrowski
In den letzten 70 Jahren ist sozial- und behindertenpolitisch unheimlich viel passiert. In dieser Zeit entstand die heutige ausdifferenzierte Angebots- und Förderstruktur für Menschen mit Behinderungen. Auch wenn sie heute als „Sonderwelten“ aus Inklusions-Perspektive kritisiert werden: Die Gründung der ersten Werkstätten in den 1960er Jahren und die Einrichtung von Förderschulen war ein Fortschritt gegenüber der schlichten „Verwahrung“ vorher. Nun müssen wir Förderung und Unterstützung mit Inklusion in der Gesellschaft entsprechend der UN-Behindertenrechtskonvention zusammenbringen.
Die letzte Stufe der großen Reform des Bundesteilhabegesetzes ist zum 1.1.2023 in Kraft getreten. Wie ist ihr bisheriges Fazit zur Reform?
Generell gesehen ist aus meiner Sicht die wichtigste Veränderung die Betonung der Personenzentrierung. Der Mensch mit Behinderung muss im Mittelpunkt stehen. In NRW praktizieren wir eine solche individuelle Hilfeplanung schon seit 20 Jahren, ebenso den Vorrang der Unterstützung in den eigenen vier Wänden. Dennoch haben auch wir noch einiges vor der Brust und müssen diesen Weg auch in Wohneinrichtungen und Werkstätten weitergehen – und dabei die Digitalisierung mitdenken.
Das Modell „Werkstatten für Menschen mit Behinderung“ steht oft in der Kritik. Ist es noch zeitgemäß?
Es ist gut, dass es die Werkstätten gibt, aber sie müssen sich verändern und durchlässiger werden. Ohne Werkstätten hätten rund 280.000 Menschen mit Behinderung in der Bundesrepublik keinen Arbeitsplatz, keine Kolleg*innen, keine Sozialversicherung. Jede*r hat ein Recht auf Teilhabe an Arbeit. Wer richtigerweise fordert, dass das Arbeitsleben inklusiver werden muss, muss aus meiner Sicht vor allem beim regulären Arbeitsmarkt ansetzen, und die Chancen von Inklusion betonen und fördern. Diesen Weg gehen wir beim LVR.
Was wird die größte Aufgabe sein, die in den nächsten Jahren auf das LVR-Dezernat Soziales zukommt?
Ich sehe vier zentrale Aspekte: Wir müssen fachliche Weiterentwicklung mit finanzieller Kostenkonsolidierung verbinden, das nötige, qualifizierte Personal gewinnen und halten trotz der demographischen Herausforderungen und unsere Prozesse verschlanken und vereinfachen durch Digitalisierung. Auch in den nächsten zehn Jahren wird es keinesfalls langweilig werden!
mehr erfahren über Dezernat 7 - Soziales
Fragen an Martina Wenzel-Jankowski
Fragen an Martina Wenzel-Jankowski
Leider ist die Stigmatisierung psychischer Erkrankungen immer noch ein großes Problem. Viele Betroffene haben auch heute noch Angst, diskriminiert oder isoliert zu werden. Das hängt auch vom Krankheitsbild ab: Depressionen etwa sind bekannter und akzeptierter, da auch viele Prominente offen darüber sprechen. Die Stigmatisierung anderer psychischer Erkrankungen hat eher noch zugenommen, zum Beispiel bei Menschen mit schizophrenen Erkrankungen. Hier müssen wir noch viele Vorurteile abbauen.
Die psychiatrischen Kliniken haben einen starken Zulauf. Wie begegnen Sie dem?
Auf keinen Fall, indem wir mehr Betten aufstellen. Wir dezentralisieren unsere stationären Behandlungsangebote und bauen teilstationäre und ambulante Leistungen weiter aus. Außerdem bieten wir alternative Behandlungsformen, wie etwa stationsäquivalente Behandlung, mit denen wir unsere Patient*innen in ihrer gewohnten, häuslichen Umgebung unterstützen. Die Qualität der Behandlung „zu Hause“ gewährleisten wir durch multiprofessionelle Teams und vielseitige Therapieangebote.
Unter Protest der Bevölkerung werden derzeit neue forensische Kliniken in NRW gebaut. Wie begegnen Sie den Ängsten und Sorgen vieler Menschen?
Da hilft nur: reden, reden, reden! Wir haben Planungsbeiräte, das sind Fachleute aus verschiedenen Bereichen wie Medizin, Psychologie, Architektur, die eng mit der Gemeinde und der Bürgergesellschaft zusammenarbeiten. Dabei haben sie die Bedürfnisse der Patient*innen und der Bürger*innen im Blick. Übrigens ist bei guter Therapie die Rückfallgefahr bei forensisch untergebrachten Menschen im Allgemeinen geringer als bei Personen, die in „normalen“ Strafanstalten untergebracht sind. Auch so ein Vorurteil, das wir ausräumen müssen.
Wenn man auf 70 Jahre Landschaftsverband Rheinland schaut, landet man bald bei der Psychiatriereform. Was ist das größte Verdienst dieser Zeit des Umdenkens?
Die Psychiatrieenquete ist eines der wichtigsten und erfolgreichen Reformprojekte, sie hat nachhaltige Veränderungsimpulse ausgelöst. Die Behandlung psychisch erkrankter Menschen erfolgt heute überwiegend tagesklinisch und ambulant, mit mehr und qualifizierterem Fachpersonal als früher.
Von den vielen positiven Veränderungen möchte ich zwei besonders hervorheben: die Integration von Peer-Beratung und gemeindenahe Versorgung. Peer-Berater*innen haben selbst eine psychische Erkrankung erlebt. Dadurch können sie Betroffenen helfen, ihre Krankheit besser zu verstehen und ihre Fähigkeiten zu erkennen und zu stärken. Das ist ganz wichtig für den Heilungsprozess. Gemeindenahe Versorgung verbessert die Lebensqualität psychisch Erkrankter: sie bleiben in ihrem gewohnten Umfeld, haben ihre sozialen Kontakte und leben in der Gemeinschaft, auch so können Vorurteile abgebaut werden.
Wenn man bei sich, Angehörigen oder Freund*innen Symptome einer psychischen Erkrankung beobachtet, sollte man was tun?
Sich ganz schnell professionelle Unterstützung suchen! Angehörige und Freund*innen sollten sich nicht scheuen, ihre Beobachtungen anzusprechen. Professionelle erste Anlaufstellen sind zum Beispiel Hausärzt*innen. Aber auch Ratgeber, wie der LVR-Klinikverbund sie herausgibt, können erste wertvolle Tipps geben.
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Fragen an Dr. Corinna Franz
Fragen an Dr. Corinna Franz
Die Digitalisierung gibt der Kultur mehr Raum und vergrößert ihre Reichweite. Längst gehören digitale Angebote zum Standard und lösen die Kultur von festen Bindungen an Ort und Zeit. So entstehen neue Formate wie aktuell die WebApp „Click R(h)ein“, die uns unsere Umgebung mit anderen Augen entdecken lässt. Digitalisierung bereichert somit das kulturelle Leben.
Die ökologische Nachhaltigkeit und die Klimaveränderung beschäftigt die Kulturszene auf allen Ebenen. Auch die diesjährige LVR-Kulturkonferenz nimmt das Thema in den Blick. Welchen Einfluss hat dies auf unsere Kulturgüter?
Ein schonender Umgang mit den Ressourcen verlangt nach klugen Ideen, neuen Wegen und mancher Abkehr von Gewohntem. Wie etwa könnten Räume beschaffen sein, um sensible Kulturgüter klimaneutral zu schützen? Wie sehen nachhaltige Sammlungs- und Depotstrategien der Zukunft aus? Mehr Kreislaufwirtschaft in Museen und Ausstellungen ist längst ein Muss. Gelungene Beispiele geben uns heute schon eine Menge Impulse.
Vor dem Hintergrund der Digitalisierung: Wie sieht der Museumsbesuch in 20 Jahren aus?
Museen kommunizieren mit den Menschen. Folglich wandeln sie sich mit den gesellschaftlichen Bedürfnissen und Gewohnheiten. Sie sind also stets ein Spiegel ihrer Zeit. Auch in 20 Jahren werden Museen noch Orte sein, die man besucht, weil es dort etwas Besonderes zu erleben gibt. Analoge und digitale Präsentationen werden stärker verschmelzen.
Welche drei Themen werden im Kulturbereich beim LVR in den nächsten Jahren eine wichtige Rolle spielen?
Generell beschäftigt uns die Frage, wie die LVR-Kultur ihre innovative Kraft behalten und im Verhältnis zu anderen kulturellen Akteuren attraktiv bleiben kann. Darüber hinaus gilt unsere Aufmerksamkeit weiterhin dem Rheinischen Revier mit der Frage, wie das kulturelle Erbe des Braunkohletagebaus bewahrt werden kann. Zudem steht ein besonderes Jubiläum an: 2024 feiern wir 1000 Jahre Abtei Brauweiler.
Welcher Museumsbesuch hat Sie in letzter Zeit besonders beeindruckt?
Ganz im Osten Belgiens, einen Steinwurf von Aachen entfernt, liegt Kelmis. Das dortige kleine, aber feine Museum Vieille Montagne erzählt von der faszinierenden Geschichte dieses Ortes, der im 19. Jahrhundert nicht nur eine Hochburg europäischer Zinkproduktion, sondern als neutrales Gebiet Moresnet zugleich bis 1919 ein politisches Unikum war. Sehr empfehlenswert!
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